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24.12.2021 | 11:42

Ivan M. Lalić: Die Zeit arbeitet unerbittlich gegen uns

Ivan M. Lalić: Die Zeit arbeitet unerbittlich gegen uns

Der Dramatiker Ivan M. Lalić, Direktor von Mikser und Dozent an der Fakultät für Zeitgenössische Kunst in Belgrad, spricht im Interview mit SEEcult.org über den Mangel an Verantwortung und Empathie in der Gesellschaft sowie die dringende Notwendigkeit, mit der Generation Z zu sprechen, zu dem auch seine Kinder gehören, über das lächerliche und abscheuliche Wertesystem, in dem Moralzwerge und Verbrecher zu Helden werden und Wahrheit, Gerechtigkeit und Moral Spott hervorrufen.

„Die Zeit arbeitet unerbittlich gegen uns, sie läuft uns davon. Ich habe drei Kinder und muss ihnen jeden Tag die klare Botschaft übermitteln, wie lächerlich und abscheulich unser aktuelles Wertesystem aussieht. Ich halte es für einen obligatorischen Teil der häuslichen Erziehung. In der perversen ethischen, kulturellen und medialen Invasion, der wir täglich ausgesetzt sind, wird alles auf den Kopf gestellt. Moralzwerge, Huren und Verbrecher werden zu Helden, und Wahrheit, Gerechtigkeit und Moral rufen Spott hervor. Die Generation Z, zu der meine Kinder gehören, ist äußerst rational, pragmatisch und sehr anfällig für „Zombies“, was die Sensibilität für solche schrecklichen sozialen Störungen vollständig erschlägt. Ich habe es gerade noch geschafft, sie zu einem Umweltprotest mitzunehmen, und jede andere Art von Rebellion ist für sie völlig inakzeptabel. Aber ich gebe nicht auf. Es wird einen ständigen Kampf geben. Meine Frau (Maja Lalić) und ich haben ja doch zu viele Ideale, Integrität und Vertrauen in den Kampf für ihr besseres Morgen verschüttet. Und dass das Morgen vor allem ein – ethisches Morgen sein muss“, sagte Lalić.

Lalić sagt, dass er aber die einfachen Menschen immer noch verstehe, die durch die jahrzehntelangen Lügen völlig verwirrt sind, die leiden und schweigen, aber er kann die Akteure des öffentlichen Lebens nicht ausstehen, die der Regierung Legitimität verleihen.

„Diejenigen, die durch ihre Handlungen, insbesondere öffentliche, dem gegenwärtigen Surrogat aller zivilisatorischen Werte Legitimität verleihen, sind Kandidaten für die große Schande, in der sie danach leben werden – am Tag danach. Und der Tag danach wird bestimmt kommen. Früher oder später“, sagte Lalić.

In Bezug auf die Pandemiekrise bewertete Lalić, dass die epidemiologischen Maßnahmen in Serbien verwirrend waren, ohne ein klares Konzept und eine klare Logik, aber er stellte fest, dass dies mehr oder weniger überall auf der Welt der Fall sei.

„Impfgegner, unter Druck stehende Krisenstäbe, diverse Nestorović-Typen, die von der Tragödie profitieren. Außer in einigen skandinavischen Ländern, die für ihr hohes Maß an sozialem Bewusstsein, Empathie und Solidarität bekannt sind. Die hohen Infizierten- und Totenzahlen sind sicherlich eine Folge des niedrigen Impfniveaus in der Bevölkerung. Ich bin von dem Widerstand junger Menschen gegenüber Impfstoffen überrascht. Ich denke, diese Generation hat unsere Erwartungen verraten. Aber es ist kein Wunder, wenn wir uns die Bedingungen, die wir für ihr Aufwachsen geschaffen haben, ansehen. Wenn jeder von uns möglichst viele ungeimpfte Menschen in seinem Umfeld dazu überredet, sich impfen zu lassen – toll. Das ist das einzige greifbare Rezept, um aus der Coronahölle herauszukommen, die wahrscheinlich viel schlimmer ist, denn die wahren Zahlen der Toten bleiben offensichtlich verborgen“, sagte Lalić, Autor der Theaterstücke „U plamenu strasti/In der Flamme der Leidenschaft“, „Moj otac u borbi protiv nitkova iz svemira /Mein Vater im Kampf gegen die Schurken aus dem All“, „Cuba libre“...

Jahrelang war er Geschäftsführer des Mikser House und des Mikser Festivals, heute unterrichtet er kreatives Schreiben und Theaterproduktion an der Fakultät für Zeitgenössische Kunst.

Derzeit stellt er die sadomasochistische Komödie „Podanik/Untertan“, an der er seit langem schreibt, fertig und er ist gespannt, ob sich jemand trauen wird, sie auf die Bühne zu bringen.

*Das ganze Interview (in serbischer Sprache) ist auf diesem Link zugänglich

*Cover photo: Milan Josipović

(SEEcult.org)

Gefördert mit Mitteln aus dem Internationalen Hilfsfonds für Organisationen in Kultur und Bildung 2021 des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland, des Goethe-Instituts und weiterer Partner, www.goethe.de/hilfsfonds

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